Historische Schreibsprachen - Internetbibliographie

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ELBOSTFÄLISCH: Schreibsprachenkennzeichen 

Basiert auf einer Liste von Jürgen Wolf. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Fehlerfreiheit. Korrekturen und Zusätze bitte an: schreibsprachen@gmx-topmail.de 

Schreibzentren: Magdeburg und Halle. In Halle von Anfang an starke md. Einflüsse. Dort ab 2. Viertel 15. Jh. Schreibsprache Mitteldeutsch (Osterländisch). 

Kennzeichen:

  • Bevorzugte Einbruchstelle für Mitteldeutsches.
  • hinder statt achter 'hinter', von statt van 'von' und oder statt edder 'oder' - verleiht dem Östfälischen in manchem einen nichtnd. Anstrich. 

  • Stark hervortretendes Charakteristikum des Elbostfälischen ist der unverkennbare Vorsprung den von vor dem gemeinmnd. van hat. In Halle ist es die weit überwiegende Form, fast sämtliche Schöffenbuchschreiber gebrauchen es ausschließlich. z.B. die Überreste des Stadtbuchs von Könnern aus der Mitte des 15. Jh.s kennen nur von. (Jülicher 1928) 
  • Wandel von th > d schon beim Einsetzen der Überlieferung abgeschlossen: thing/dhing/ding
  • Anstelle des e:-Lauts wird i, y geschrieben: tut / te(e)t / tit / tyt 'zieht'. 
  • Die Ablösung der a- durch die e-Schreibung in den Pluralformen des Präteritum Indikativ der 4. und 5. Ablautreihe erfolgt im Verlauf des 13. und der ersten Hälfte des 14. Jhs. - im Elbostfälischen halten sich a-Varianten bis ins 16. Jh.: wi, gi, se spraken/spreken; wi, gi, se gaven / geven. 

  • Für das Elbostfälische ist sehr charakteristisch die starke Verzögerung gegenüber den meisten anderen Teilen des mnd. Sprachgebiets, die der Übergang des a vor -ld, -lt > o erfährt; nur vorausgehender Labial (b,w) hat ihn von Anfang an begünstigt (Boltazar, Woldemar usw.). Davon abgesehen stellt sich o aber sehr spät ein: alde, halden, kalt, malt, salt, smalt. Erst zum Jahre 1386 zeigen sich die ersten, noch ganz sporadischen o in olde, holden, soltes. (Jülicher 1928) 
  • Die 3. Prs. Präs. Ind. hevet > heft kann im Elbostfälischen auch als het: hevet / heft / het auftreten. 
  • 'wissen': Aufgrund der Kürzung tonlanger Vokale vor -en wird besonders im Ostfälischen der Konsonant doppelt geschrieben: weten / wetten, geweten / gewetten
  • 'Licht': licht
  • 'er': he und hi.
  • 'sie': se und si
  • 'jemand': yman(t), iman(t)
  • 'niemand': niman
  • 'wie': wu: 
  • 'nie', 'niemals', 'nimmermehr': ni. Neben allgemeingültigem nimmer, nümmer im Elbostfälischen auch nimber
  • -nd- zu -nn- ist belegt in orkunne im Hallischen Schöffenbuch. Andererseits kommt für das Elbostfälische, besonders für die südlicheren Teile, der Übergang von -nder- zu -nger- in Frage, da in einem Zinsverkauf an die Abtei Gernrode, die als Ausstellerin anzusehen ist, die Schreibung vorkommt: mit desme ungherscheide. (Jülicher 1928) 
  • Für 'selbst' in den älteren Quellen selve die meist gebrauchte Form, mehrfach durch Labialisierung zu sölve geworden. Andererseits hatte sich e vor l + Spirant zu i entwickelt und dieses silve wird seit Ende des 14. Jahrhunderts, mit einigen vereinzelten früheren Vorläufern, zu sülve labialisiert, das dann im 15. Jahrhundert herrscht. (Jülicher 1928) 
  • Neben ses und seven sind die labialisierten Formen nicht häufig; ganz selten ist twölf neben herrschendem twelf. (Jülicher 1928) 
  • vifte mit seinen Parallelformen viftein, viftich ist meist zu vefte usw. geworden, das auch mehrfach, namentlich in Halle, zu vöfte labialisiert ist. (Jülicher 1928) 
  • Das aus lat. 'sancti' entstandene santi weicht seit 1300 dem umgelauteten sente, das einige Male zu sönte wird: neben sente tritt sinte und später ganz besonders häufig das daraus labialisierte sünte auf. (Jülicher 1928) 
  • twischen, das in Halle einmal tweschen neben sich hat, ist mehrfach labialisiert zu twüschen, das mit Verlust des w zu tüschen wird. (Jülicher 1928) 
  • i in unbetonten Nebensilben, besonders vor Dentalen, im Ostfälischen beliebt, wobei auf die entsprechenden Verhältnisse im mitteldeutschen Sprachgebiet hinzuweisen ist. (Jülicher 1928) 
  • Von den mannigfaltig gestalteten Formen für 'ob' sind, wenn man die Verhältnisse des gesamten Gebiets überblickt, af, aft, afte, ef, eft, efte, of, oft, ofte etwa gleich häufig im Gebrauch; in den einzelnen Gegenden zeigen sich Unterschiede: so überwiegen im Süden (Halle, Könnern, Grafschaft Mansfeld, Gernrode) die a-, im Anlaut, Zerbst, Magdeburg o-, in Kalbe die e-Formen, in Aken halten sich af, afte, ef, eft, of die Waage; ef, eft, efte kommen, mit dem Übergang des e > i in unbetonter Stellung, auch als if, ift, ifte vor, ebenso of, ofte als uf, ufte; das Ostfälische icht zeigt sich hie und da (z.B. in der Grafschaft Mansfeld, in Gernrode, Aken, Magdeburg); einmal ist auch ocht zu belegen: im Lehnbuch der ostanhaltischen Fürsten. (Jülicher 1928) 
  • auslautendes -f und -ft, aber auch f- im Anlaut, wird in der früheren Zeit, einem älteren Orthographiesystem folgend, gelegentlich als ph, pht geschrieben: twelph, svaph (Schwab) (im Schöffenbuch Halle). (Jülicher 1928) 
  • auslautendes p und t in schwachtonigen Silben vielfach b bzw. d geschrieben: ub, bruderscob, -dorb, id, dad, wad, ud, alled, anebod. (Jülicher 1928) 
 
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zuletzt geändert am 11.03.2007 © JW und © BP